Arbeitszeugnisse…ein Thema, welches Personalverantwortliche im Human Resource Management immer wieder beschäftigt.
Heute möchte ich einen kleinen Input zu der Wortwahl „vollsten Zufriedenheit“ geben.
Voll kann gesteigert werden?
Ist das im Personalmanagement möglich?
Das Arbeitsgericht Zürich hat in seinem Urteil vom 27.03.1992 eine solche Formulierungsbegehren einer Mitarbeiterin abgelehnt.
Trotzdem lese ich diese Formulierungen in jedem zweiten Zeugnis, welche BewerberInnen vorlegen.
Gestern las ich in dem Arbeitszeugnis eines Bewerbers:
„Herr Meier arbeite jederzeit mit Interesse und zu unserer vollsten Zufriedenheit.“
Es war auf Mai 2017 datiert.
Wollte der Arbeitgeber sagen, dass Herr Meier ein sehr guter Mitarbeiter ist?
Ja, warum schreibt er das denn nicht, und verschlüsselt es denn in einer Wortwahl, die nicht mehr zeitgemäss ist?
Arbeitgeber müssen es sprachlich schaffen, sich genau aus zu drücken.
Dabei gilt es sprachlich die Wahrheit zu sagen.
Okey....
Wenn ich diese Floskeln und Andeutungen lese, kann ich als erfahrene Personalerin damit umgehen.
Ich schaue immer zuerst, wer hat das Zeugnis ausgestellt?
Ist es eine grosse Firma, die ein eigenständiges HR hat?
Dann kann ich Formulierungen genauso nehmen, wie sie dort geschrieben sind.
Firmen, die ein professionelle Personalabteilung haben, würden jedoch schreiben:
Ist es aber eine kleine Firma, die vermutlich nur 2 – 3 Zeugnisse pro Jahr ausstellt, dann nehme ich die Formulierungen wieder anders auf.
Ich versuche etwaige Codierungen zu entschlüsseln.
Sehr oft ist es kein böser Wille, sondern sogar eine gute Absicht, dahinter, wenn z.B. dort steht:
Vielleicht wollte der Schreiber sagen, dass Herr Meister über viel Empathie und das nötige Fingerspitzengefühl verfügte.
Vielleicht wollte er aber auch alte, verbotene Codierungen nehmen, die ihn als innerbetriebliche Casanova, Schürzenjäger,
Draufgänger, Daueranbaggerer bezeichnete.
Ja, in der Vergangenheit wurde diese Art der Qualifizierung benutzt, um Mitarbeiter zu diffamieren.
Aber oft ist es ja wirklich ohne Hintergrundwissen passiert.
Die Arbeitgeber haben alte Zeugnisse abgeschrieben und dachten sie tun was Gutes.
Genau hier zeigt sich wie absurd diese Codierungen waren und leider noch sind.
Der unerfahrene Leser im Personalmanagement weiss nicht, ob hier eine tatsächliche, uralte Codierung genutzt wurde, oder nur versehentlich die falsche Formulierung genommen.
Als Personalerin begleitet man die Führungskräfte in dem Auswahlprozess.
Bei der Analyse der eingereichten Unterlagen von sogenannten A-Kandidaten wird natürlich auch auf die eingereichten Zeugnisse Wert gelegt.
Aufklärungsarbeit ist hier gefordert.
Sollte ein Vorgesetzter einen Bewerber ablehnen, weil eine „komische“ Formulierung hinterlegt ist, sollte der Personaler auf folgenden Aspekt hinweisen:
Und schlussendlich:
das Arbeitszeugnis ist nur ein Mosaikstein von vielen. Papier verfälscht so einiges. Das Interview ist für mich persönlich ausschlaggebender.
Andere denken anders darüber....hier blicke ich auf meine Erfahrung der letzten 30 Jahre zurück.
Take care und halt‘ Dich aufrecht, Diana
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