KMU & HR
Es war ein typischer Dienstagmorgen in Zürich. Susanne, HR-Leiterin eines kleinen, aber erfolgreichen Unternehmens im Dienstleistungssektor, stand mit einer dampfenden Tasse Kaffee vor ihrem Bürofenster. Der Blick auf den See beruhigte sie etwas, aber die Gedanken in ihrem Kopf rotierten schneller als sie es lieb war. Heute stand wieder das wöchentliche Meeting mit der Geschäftsleitung an. Und sie wusste schon jetzt, dass es nicht einfach werden würde.
Sparen
In den letzten Monaten war die Stimmung im Unternehmen angespannt. Der Umsatz stagnierte, und das führte dazu, dass die Geschäftsleitung immer neue Sparmaßnahmen ins Spiel brachte. Aber da war dieser feine Unterschied zwischen „Sparen“ und „Sich den eigenen Ast absägen“, den sie versuchte, den Chefs zu erklären. „Man kann nicht immer nur an den Mitarbeitenden sparen, wenn man langfristig Erfolg haben will“, hatte sie letzte Woche gesagt. Die Blicke, die sie dafür geerntet hatte, waren vielsagend.
Susanne liebte ihren Job.
Sie mochte es, Menschen zu helfen, Lösungen zu finden, die für beide Seiten – Unternehmen und Mitarbeitende – gut waren. Doch in den letzten Monaten fühlte sie sich immer häufiger wie eine Vermittlerin zwischen zwei Fronten. Die Geschäftsleitung wollte mehr Leistung für weniger Kosten. Die Mitarbeitenden hingegen fühlten sich ausgebrannt und nicht gehört. Und da stand sie, mitten drin.
Ohne Anklopfen
Ihre Gedanken wurden unterbrochen, als plötzlich Markus, der Leiter der IT-Abteilung, in ihrem Büro auftauchte. Ohne anzuklopfen, wie immer. „Susanne, ich muss mit dir reden.“ Seine Stimme klang gereizt. „Es geht um die neuen Arbeitszeiten. Meine Leute machen schon Überstunden ohne Ende, und jetzt soll ich ihnen noch erklären, dass sie ab nächstem Monat an Samstagen verfügbar sein müssen? Das geht nicht.“
Ich weiss
Susanne nickte. Sie verstand ihn nur zu gut. Markus war ein guter Leiter, und seine Mitarbeitenden arbeiteten hart, oft mehr, als man erwarten konnte. „Ich weiss, Markus“, sagte sie ruhig. „Wir haben das Thema schon im letzten Meeting besprochen, aber die Geschäftsleitung sieht darin eine notwendige Maßnahme. Ich habe versucht, ihnen klarzumachen, dass das nicht nachhaltig ist.“
Markus ließ sich auf den Stuhl vor ihrem Schreibtisch fallen und seufzte tief. „Weisst du, Susanne, ich verstehe ja, dass wir irgendwie mehr leisten müssen, aber so? Ich verliere doch bald meine besten Leute.“
Mitten ins Herz
Diese Aussage traf Susanne mitten ins Herz. Genau das war es, wovor sie Angst hatte. Mitarbeitende, die sich überlastet fühlten, machten irgendwann einfach dicht. Oder sie gingen. Sie wusste, dass es an ihr lag, die Wogen zu glätten – aber wie? Sie hatte nicht das Gefühl, dass ihre Argumente in der Chefetage wirklich ankamen. Immer wieder hieß es nur: „Wir müssen uns dem Markt anpassen.“
Nicht wirklich überzeugt
Nach einer halben Stunde verließ Markus ihr Büro, etwas beruhigter, aber nicht wirklich überzeugt. Susanne setzte sich wieder an ihren Schreibtisch und starrte auf den Bildschirm. Die E-Mails stapelten sich, Anfragen von Mitarbeitenden, die um Rat baten, aber auch viele administrative Aufgaben, die dringend erledigt werden mussten.
Gedanken kreisen
Doch ihre Gedanken kreisten weiter um das Meeting, das in einer Stunde beginnen würde. Was konnte sie sagen, um die Geschäftsleitung endlich wachzurütteln? Um ihnen klarzumachen, dass die ständige Belastung ihrer Mitarbeitenden irgendwann dazu führen würde, dass die besten Leute gingen? Und dass es viel teurer und aufwendiger war, neue Leute einzuarbeiten, als die bestehenden zu unterstützen?
Pünktlich um zehn Uhr saß sie im Besprechungsraum. Die Geschäftsleitung war bereits versammelt. Herr Müller, der CEO, eröffnete das Meeting in seiner gewohnt nüchternen Art: „Susanne, wie sieht’s aus im HR-Bereich?“
Susanne räusperte sich
Susanne räusperte sich. Sie hatte sich vorgenommen, ruhig zu bleiben, aber die Anspannung in ihr wuchs. „Wir haben eine angespannte Lage, Herr Müller. Die Mitarbeitenden sind erschöpft, die Krankmeldungen nehmen zu, und ich mache mir Sorgen, dass wir bald noch mehr Kündigungen auf dem Tisch haben werden.“
Müller zog die Augenbrauen hoch. „Kündigungen? Das ist das letzte, was wir brauchen.“
„Genau“, erwiderte Susanne. „Und genau deshalb müssen wir uns überlegen, wie wir die Situation entschärfen. Diese zusätzlichen Arbeitszeiten und die immer höheren Anforderungen führen dazu, dass die Leute sich nicht mehr wertgeschätzt fühlen. Sie geben schon alles, aber sie haben das Gefühl, dass es nicht genug ist.“
Zahlen. Zahlen. Zahlen.
Herr Müller schien nachdenklich. „Aber wir müssen ja irgendwie die Zahlen halten.“
Susanne nickte. „Ja, aber die Zahlen halten sich nicht, wenn die Leute wegbrechen. Wir müssen einen Weg finden, sie zu entlasten, ohne die Produktivität zu gefährden.“
In diesem Moment spürte sie, wie die Stimmung im Raum sich veränderte. Vielleicht war es die Art, wie sie es sagte, oder vielleicht hatten die anderen endlich erkannt, dass ihre Mitarbeitenden das Herzstück des Unternehmens waren. „Ich schlage vor, dass wir flexible Lösungen finden. Vielleicht könnten wir die Samstagsarbeit freiwillig machen und dafür andere Anreize bieten?“
Nach einer angeregten Diskussion willigte die Geschäftsleitung ein, einen neuen Ansatz auszuprobieren. Als Susanne das Meeting verließ, fühlte sie sich erleichtert. Der Kampf war noch nicht vorbei, aber heute hatte sie einen kleinen Sieg errungen. Vielleicht war das der Anfang von etwas Gutem – nicht nur für die Firma, sondern vor allem für die Menschen, die sie Tag für Tag am Laufen hielten.
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