Ich bin so sauer, das ich so selten von guten Mitarbeitergesprächen höre.
Und nun zum
Mitarbeitergespräch
als Beurteilungs- und Qualifikationsgespräch
Laut Lehrbuch erhalten Mitarbeiter beim Qualifikationsgespräch Gelegenheit, von ihren Chefs zu erfahren, wie diese ihre qualitativen und quantitativen Arbeits- und Verhaltensziele beurteilen.
Und warum? Idealerweise um die Beziehung zwischen Chef und Mitarbeiter zu vertiefen, verbessern, zu klären und Entwicklungsmöglichkeiten zu planen.
Und damit das ganze nicht nach einem one-way-ticket aussieht, heisst es in den Lehrbüchern des Leaderships: der Mitarbeiter kann ebenfalls seine Bedürfnisse und Wünsche vorbringen.
Und jetzt kommt das Sahnehäubchen:
"Es ist umstritten, ob das Beurteilungsgespräch lohnrelevanz haben soll. Priorität hat die Beurteilung der Ziele, die ja durch den Lohn bereits monatlich 'honoriert' werden."
Ich habe in meinen mehr als 20 Jahren Tätigkeit im HR und als HR-Dozentin viele, viele Formen des Dialogs mit und ohne Beurteilungen erlebt, gesehen, mitgestaltet, verändert und endlos diskutiert.
Grundsätzlich finde ich Gespräche dieser Art gut...und über die verschiedenen Formulare, die in den Firmen genutzt werden, kann man sich immer streiten etc. Optimierungen werden immer möglich sein und haben vielleicht auch Sinn.
Ich sehe sie immer als gute Guideline, an der sich ein Vorgesetzter halten kann.
Ein guter Chef, weiss...
dass das Gespräch mit seiner Haltung und mit seinem Reifegrad zum Erfolg wird.
Er führt es. Er bereitet es vor...Er bezieht den Mitarbeiter mit ein...
Er bittet/verlangt um Vorbereitung...Er informiert sie rechtzeitig...
Er kann stichhaltig argumentieren, wenn er negative Punkte aufzählt..
Ein guter Chef weiss, dass ein Mitarbeiter nicht z.B. langsam ist... aber er weiss, dass der Mitarbeiter sich in einer konkret genannten Situation so verhalten hat.
Ein guter Chef weiss, dass jeder Mensch sich immer nach seinen eigenen besten Verhaltensoptionen vehält.
Ein guter Chef weiss auch, dass er dem Mitarbeiter keine Schwächen vorwerfen sollte,sondern, dass er nur konkrete Eigenschaften, Fähigkeiten bemängelnd nennen kann,
die nicht zum richtigen Zeitpunkt,
am richtigen Ort und gegenüber den richtigen Personen gezeigt wurden.
Ein guter Chef trennt die Beurteilung des Menschen von dessem gezeigten Verhalten. Ein guter Chef sagt, was Sache ist. Er lässt Mitarbeiter nicht raten. Er redet klar und direkt und doch wertschätzend.
Ein guter Chef hat keine hidden agenda zu jedem Mitarbeiter, in dem er sämtliche Verfehlungen des Jahres mit Datum und Uhrzeit aufschreibt. Ein guter Chef gibt sofort Feedback, wenn etwas besonders lobenswert oder mahnenswert ist...
Ein guter Chef will selber wachsen...deswegen lässt er sich auch ein Feedback geben. Ob dies im Formular steht oder nicht.
Er sieht das Mitarbeitergespräch als einer seiner wichtiges Führungsinstrumente an..auch wenn er immer gegenüber dem HR behauptet...ich stehe ständig in engem Kontakt mit meinem Mitarbeitern...ich brauch' das nicht.
Er weiss, wie wichtig es ist, dies bei allen ungekündigten Mitarbeitenden des Teams zu machen..
Ob Teilzeit oder Berufsanfänger oder Urgestein. Bei jedem Mitarbeiter seines Teams und möglichst in einem festgesetzten Zeitraum. Mitarbeiter bewerten, wer zuerst ins Gespräch kam und wer zu letzt eingeladen wurde.
Das weiss ein guter Vorgesetzter.
Ein guter Vorgesetzter führt Mitarbeitergespräche nicht in seinem Büro, sondern in einem anderen geeigneten, ungestörten Raum. Ein guter Chef führt das Mitarbeitergespräch nicht bei einem Mittagessen oder - wie ich oft sehe - in einem Tearoom (Schweiz: Café).
Er stellt das Handy dazu ab. Es gibt keine Störungen.
Ein guter Chef führt kein Mitarbeitergespräch über mehrere Stunden - unterbricht am Abend und macht am Morgen weiter (lacht jetzt bitte nicht: alles schon erlebt...die arme Mitarbeiterin hat zum Schluss nur noch Ja und Amen gesagt).
Er weiss auch, dass er sich genug Zeit vorher und nachher reserviert - und gleichwohl die Zeit, die er vorgegeben hat, einhält.
Ein guter Chef trägt die Notizen selber ein und gibt das ganze nicht dem Mitarbeiter zur Fertigstellung ab. Ja! Das ist Führungsarbeit...auch wenn kaum Zeit da ist...das ist Führungsarbeit.
Ein guter Chef tratscht nicht im Mitarbeitergespräch über andere.
Er weiss, dass er die Unterschrift des Mitarbeiters nicht erzwingen kann und dass eine Unterschrift nicht heisst, ich bin einverstanden mit der Beurteilung sondern nur: das Gespräch ist so geführt worden.
Ein guter Chef weiss, dass die saubere Dokumentation von Mitarbeitergesprächen so wichtig ist für: Zwischenzeugnisse, Endzeugnisse, Kündigungen oder auch arbeitsgerichtliche Auseinandersetzungen.
Er weiss, dass das Mitarbeitergesprächsformular aller Arbeitsjahre durch den Arbeitsrichter nachgelesen werden können und dass er dann Auskunft zu seinen Notizen geben muss.
Jeder Mitarbeiter wünscht sich das gleiche Zeitfenster, wie es alle Teammitglieder bekommen. Denn Mitarbeitergespräche bedeuten Wertschätzung....und es wird verglichen.
Denkt an die vielen Outlooksurfer!
Und kommt jetzt BITTE nicht mit dem Argument: diese Outlooksurfer sollen lieber arbeiten als beim Chef das Outlook zu durchstörbern.
Ich beurteile nicht die erlebten Tatsachen...ich schildere sie hier nur.
Mitarbeiter suchen eine Art Standortbestimmungen, Feedbacks, Gespräche...und das Motto:
wenn ich nichts sage...ist es schon gut...
gilt schon lang nicht mehr.
Gute Grüsse in die Mitarbeitergesprächszeit Herbst.
Denkt daran: das HR ist die wichtigste Stütze der Führungskräfte in dieser Zeit.
Diana
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