Lohnforderungen

7. Oktober 2018

In der Ausbildung zur HR-Fachfrau lernt man so einiges Wertvolles und viel Theoretisches, was in der Praxis nicht umsetzbar ist.

So lernte ich, dass die professionelle Personalerin bereits in der Phase 2 (also nach dem Begrüssen) eines Bewerbungsgesprächs die Lohnbandbreite erfragt.

Ja – richtig gelesen!

 

1996 hiess es in meinen Schulunterlagen:

7 Phasen hat das Bewerbungsgespräch:

Phase 1:

Warming up & Begrüssung, Vorstellung

Phase 2:

Gesprächsverlauf; Rollenklärung, Wie-weiter; Lohnfrage

Phase 3:

Vorstellung Unternehmen, Fragen beantworten

Phase 4:

Fragen, Fragen rund um Werdegang, Motivation, Kompetenzen etc. etc.

Phase 5:

Information zur vakanten Stelle

Phase 6 :

Relevante Fragen rund um das persönliche Umfeld des Bewerbers

Phase 7:

Langfristige Ziele, Gesprächszusammenfassung, verbindliche Verabschiedung

 

geralt / Pixabay

Okey – soweit so gut und jetzt folgt die Umsetzung in die Praxis. In der damaligen Firma, eine Multimediaunternehmen (KMU 180 Mitarbeitende, bösenkodiert), suchte ich einen Geschäftsleiter für eine Filiale im Kanton Basel.

Ich hatte bis zu diesem Zeitpunkt noch nie eine Topkaderstelle besetzt und war ent-sprechend aufgeregt. Das erste Gespräch war mit dem unbestrittenen Topkandidaten (wenigstens auf dem Papier). Ein eloquenter, sehr fachkompetenter Businessmann, der zugegebenermassen eher mich durch das Gespräch führte, als umgedreht.

Das Gespräch wurde zusammen mit einem Verwaltungsratsmitglied des Unternehmens, der die Rekrutierung von der GL delegiert bekam, geführt.

Es war ein gutes Gespräch.

Fragen plätscherten gemütlich dahin und wir alle drei befanden uns vermehrt in einer wunderbaren Wohlfühloase.

Friede Freude Eierkuchen Rekrutierung

Die Lohnfrage stellte ich nicht in Phase 2.

Für mich war klar, dass gehört in die Phase 6 resp. 7.

Nach 2 Stunden intensivem – aber nettem - Gespräch kam nun meine Gretchenfrage.

Ich fragte den Kandidaten „Welche Gehaltsvorstellung haben Sie denn für diese Stelle?“

Damals wusste ich, dass für diese Stelle höchstens 160.000 Schweizer Franken Jahreslohn möglich waren.

geralt / Pixabay

 

 

 

 

 

 

 

Der selbstbewusste Bewerber lehnte sich galant zurück. Verschränkte die Arme und lächelte süffisant.

„Welche Bandbreite kann ich dann von Ihnen erwarten? „ war seine Gegenfrage.

Ich lächelte (noch) und sagte: „ Herr Mustermann: bitte beantworten Sie meine Frage nicht mit einer Gegenfrage.

Im ersten Gespräch hätte ich gerne nur eine Angabe von Ihnen, damit im zweiten und dritten Gespräch konkrete Zahlen diskutiert werden können“

Kandidat Superselbstsicher, schnippte nichtvorhandene Krümel von seinem Boss-Anzug und antwortete mir: „Ach wissen Sie Frau Roth.

Meine Frau ist Ärztin und arbeitet 100 Prozent.

Meine beiden Kinder werden von einer Nany erzogen und ich habe gemerkt, dass Arbeiten nicht alles im Leben ist.

Ich will Zeit für die Kinder, fürs Golfen und ich bin bereit mich  zurückzunehmen.

Es geht mir mehr um den Spass an der Sache und nicht immer nur um die monetären Aspekte.“

Nun legte ich die „heilige Pause“ ein und wartete.

Diese Methode wirkt fast immer (Ausnahme Sozialpädagogen).

Nach einigen Sekunden antwortet er überlegt und souverän: „ Gut – also Sie wollen unbedingt ein Zahl.

Also jetzt verdiene ich 320.000 CHF im Jahr und wäre bereits auf 250 000 CHF „runterzugehen“.“

RyanMcGuire / Pixabay

 

 

 

 

 

 

 

Kennst Du diesen Moment, wo Du denkst Du bist im falschen Film…oder besser noch im Fernsehen „ versteckte Kamera?“

Aber nirgends ist nur der kleinste Hinweis auf Kurt Felix…geschweige denn der immer lächelnden Paola?

Was macht da eine blutige Anfängerin im HR? Pokerface – lächeln und sich nicht anmerken lassen, dass man schier vom Hocker fällt.

„Ich nehme das vorab zur Kenntnis.

Wenn es zu einer weiteren Runde kommt, werden wir definitiv über den Betrag reden. Danke!“

 

Ja – so wurstelte ich mich damals aus der Situation.

Ich bemerkte neben mir  einen Verwaltungsrat der seine Krawatte lockerte und nach Luft schnappte.

 

Als der Bewerber den Raum verlassen hatte, sagt der Herr Verwaltungsrat vorwurfsvoll zu mir:„Na bravo: 2 Stunden für die Katz!“

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Und ich?

Ich fühlte mich nur schrecklich…und in meinem betriebswirtschaftlich denkenden Kopf ging folgende  Rechnung los:

2 Stunden Präsenz Verwaltungsrat   PLUS  2 Stunden Vorbereitung Verwaltungsrat

2 Stunden Präsens & 5 Stunden Vorbereitung HR

2 Stunden Zeit Bewerber & Anfahrt Bewerber

Plus Unbezifferbare Summe des Hoffnungsmanagements Bewerber

Plus zusätzlich neues Flitern aller Bewerbungseingänge  PLUS Kosten für Infrastruktur (Interne Verrechnung)

PLUS Kosten für administrative Aufwände PLUS PLUS PLUS????

Summa summarum?

 

 

 

 

 

 

 

Schwamm drüber …Was habe ich gelernt aus der Sache?

Damals verstand ich, dass wenn ich die Frage in Phase 2/3 gestellt hätte, wäre der Aufwand für alle Beteiligten noch geringer  gewesen, aber den Mut, Gespräche bereits in dieser Phase abzubrechen, lernte ich erst später.

Was mache ich nun heute – fast 20 Jahre später anders (vielleicht besser)?

Meine Erfahrung hat mich gelehrt, nicht einzuladen, wenn im Vorfeld zum Lohn grosse Fragezeichen bestehen.

Heute mache ich bei solchen Bewerbern immer ein kurzes Telefoninterview und frage ganz bewusst die Lohnbandbreite ab.

Die Jahre der Erfahrungen haben mir feine Antennen wachsen lassen.

So ein Fehler ist mir nicht mehr wieder passiert (aber dafür eine Menge andere!).

 

Gute Personalarbeit ist mehr als eine reine Dienstleistung  - gute Personalarbeit ist eine Kunst.

Herzliche Grüsse in den Tag,

Diana

PS:  Wusstest Du, dass 8 von 10 Bewerbern bei der Lohnfrage nach dem jetzigen Lohn „fabulieren?

Mehr hier:

 

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